Kolumne

Handeln, ohne zu wissen

Die Corona-Pandemie zeigt uns wieder einmal deutlich, was wir eigentlich wissen, aber gern verdrängen: Wir handeln sehr oft – wenn nicht immer ohne zu wissen, wie die Folgen aussehen. Das gilt für das Private genauso wie für das Berufliche, für den einzelnen genauso wie für Unternehmen oder komplette Gesellschaften. In vielen Bereichen gibt es Erfahrungswerte, die uns das Gefühl geben, Dinge voraussehen zu können. Das ist aber oft eine Scheinsicherheit, denn sobald ich mich auf unbekanntes Terrain begebe, wird es schwierig. Jetzt heißt es: mutig sein, und handeln, ohne zu wissen, was am Schluss dabei herauskommt. In solche Situationen geraten wir alle irgendwann, ob wir wollen oder nicht. Um das hiermit verbundene Unbehagen zu reduzieren, versuchen wir unsere Entscheidungen rational zu begründen, wissenschaftlich zu erforschen oder auch durch ein Horoskop zu ermitteln. Das bringt uns viele – manchmal auch wertvolle – Informationen. Doch ein kleines bisschen Unsicherheit bleibt immer. Wir können das Restrisiko niemals auf null bringen. Dafür ist unsere Welt zu komplex.

Wenn ich nicht handle, ist das auch eine Entscheidung. Wobei ich es dann aus der Hand gebe, aktiv Einfluss ausüben zu können. Wenn ich das nicht möchte, bleibt mir nichts anderes übrig, als aktiv den Schritt ins Ungewisse zu gehen – und dabei ein Stück weit auf mein Bauchgefühl zu vertrauen. Denn Intuition ist oft ein besserer Ratgeber als rein rationale Betrachtungen. Dabei fließen dann unbewusst meine Erfahrungen, Werte, Wünsche und Ziele ein. Das erklärt, warum unterschiedliche Personen bei gleicher Ausgangslage oft völlig anders entscheiden. Das ist aber ebenso okay wie meine eigene Entscheidung, auch wenn ich die Beweggründe des anderen nicht verstehe. Brisant wird dieses Thema allerdings in Krisenzeiten, wenn es potenziell um Leben oder Tod geht. Ob ich mitmache oder rebelliere, in den Krieg ziehe oder desertiere, mich impfen lasse oder nicht, ist dann nicht mehr meine Privatsache. Trotzdem habe ich auch jetzt das Recht auf meine eigene Entscheidung, meinen eigenen Weg. Was mich aber nicht davon entbindet, die Folgen meines Handelns zu tragen – und dies vor mir und den anderen zu verantworten.

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