Seit einigen Monaten sieht man in den Medien Bilder von leeren Supermarktregalen und langen Warteschlangen vor Tankstellen. Zum Glück spielen sich diese Szenen bisher vor allem in Großbritannien ab. Allerdings merken wir auch bei uns, dass nicht alles so läuft, wie gewohnt. Zwar gibt es bei Edeka, Lidl und Co. bisher kaum Lücken im Sortiment, dafür zeigt sich an den Zapfsäulen zwischen Flensburg und Berchtesgaden eine deutliche Preissteigerung. Fährt man über die Grenze in die Niederlande, sieht man, dass die magische Zwei-Euro-Marke nicht mehr weit ist. Dazu kommen auch bei uns Lieferengpässe für die unterschiedlichsten Waren. Eine Buchhändlerin empfiehlt, mit den Weihnachtsgeschenken nicht bis in den Dezember zu warten, weil ihre Buchregale jetzt gut gefüllt sind, sie aber nicht wisse, wie lang die Bestellzeiten im Dezember werden. Viele Druckereien haben wegen Corona auf die Produktion von Verpackungen und Kartonagen umgestellt und jetzt zu wenig Kapazitäten für Bucheinbände.
Auch wer technische Geräte bestellt, kann sich auf längere Wartezeiten einstellen, weil der dafür benötigte Stahl nicht verfügbar ist. Der wird nämlich aus China geliefert, und der Transport aus Fernost läuft aktuell ziemlich schleppend. Wenn in einem chinesischen Hafen ein Corona-Fall auftritt, erklärte mir kürzlich ein Logistikexperte, werde die gesamte Anlage für zwei und mehr Wochen stillgelegt, während draußen auf dem Meer die Frachtschiffe im „Stau“ stehen. Diesen Mehraufwand lassen sich die Reedereien dann teuer bezahlen: Die Container-Gebühren sind um ein Vielfaches gestiegen. Auch das wirkt sich auf unsere Preise aus. Die Inflation in Deutschland liegt mit 4,1 Prozent im September so hoch wie zuletzt 1993. Corona hat ordentlich Sand in das fein justierte Getriebe der Weltwirtschaft geblasen. Weltweite Lieferbeziehungen kommen jetzt an ihre Grenzen. Die Auswirkungen spüren wir alle – vor allem aber Menschen mit kleinerem Geldbeutel. Die wird die Steigerung der Energiekosten diesen Winter am härtesten treffen. Aber dass die Krise zum guten Teil durch Corona-Nachwirkungen verursacht wird, ist auch eine gute Nachricht. So sehen führende Ökonomen für 2022 auch wieder eine deutliche Preisentspannung. Die Welt geht also wieder einmal nicht unter – und das gilt sogar für das vom Brexit geplagte England.